Feuerwehrmann mit Herz und Hirn

13.11.2021

Thomas Petrausch hat als Gemeindebrandinspektor das große Erbe von Hartmut Freund angetreten

Biebergemünder Brandbekämpfer sehr gut aufgestellt

 

Es sind große Fußstapfen, in die Thomas Petrausch getreten ist: Seit dem 1. Juli ist der 60-jährige Bieberer offiziell Biebergemünder Gemeindebrandinspektor und damit Nachfolger von Hartmut Freund, der dieses Amt über 15 Jahre innehatte. Für Petrausch ist Hartmut Freund ein absolutes Vorbild: „Er hat die Feuerwehr Biebergemünd dorthin geführt, wo sie heute ist.“ Oder mit anderen Worten: Dass die Brandbekämpfer in den fünf Biebergemünder Wehren heute so gut aufgestellt sind, ist vor allem Hartmut Freund zu verdanken.

Herausforderungen gibt es freilich trotzdem. Thomas Petrausch will diese in den nächsten fünf Jahren angehen und die Feuerwehr weiter fit für die Zukunft machen.

 

Thomas Petrausch ist ein Feuerwehrmann wie aus dem Bilderbuch: „Mein Leben besteht quasi zu 95 Prozent aus der Feuerwehr“, sagt der neue Gemeindebrandinspektor über sich selbst. Dabei ist ihm die Leidenschaft für die Feuerwehr schon fast in die Wiege gelegt worden. In Bergen-Enkheim geboren, als der heutige Frankfurter Stadtteil noch zu Hanau gehörte, kommt Thomas Petrausch, dessen Vater und älterer Bruder schon in der freiwilligen Feuerwehr waren, zur Jugendfeuerwehr. Schnell ist seine Begeisterung geweckt: „Ein bisschen war es immer ein Kindheitstraum für mich.“

Und so wird die Feuerwehr schließlich nicht nur zu seiner Berufung, sondern auch zu seinem Beruf. Zwar absolviert Thomas Petrausch zunächst eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Nach dem Wehrdienst folgt dann aber 1984 der Wechsel zur Berufsfeuerwehr in Frankfurt, wo er fast 40 Jahre bis zum Pensionseintritt vor wenigen Wochen tätig war: „Ich habe das Hobby sprichwörtlich zum Beruf gemacht“, sagt Thomas Petrausch.

 

Vor über 30 Jahren nach Bieber gekommen

 

Nach Biebergemünd kommt der heutige Feuerwehrchef eher zufällig: „Wir haben damals ein Haus im ländlichen Raum gesucht und wurden in Bieber fündig“, erzählt Thomas Petrausch. 31 Jahre ist das inzwischen her. Und dass dort plötzlich ein Zugezogener mit reichlich Erfahrung und Feuerwehrkompetenz lebt, spricht sich in der Gemeinde schnell rum. Doch Thomas Petrausch zögert zunächst: „Anfangs wollte ich eigentlich etwas Abstand zwischen dem Beruf als Feuerwehrmann und dem Privatleben in Bieber gewinnen.“ Bald aber gibt er dem Werben seiner künftigen Kameraden nach, tritt 1994 in die Freiwillige Feuerwehr Bieber ein. Dort übernimmt er schnell immer mehr Verantwortung, betreut zunächst die Jugend, wird dann stellvertretender Wehrführer, später auch Wehrführer. Schließlich wird er Mitglied der Gemeindebrandinspektion, arbeitet dort als Stellvertreter eng mit Hartmut Freund zusammen, der insgesamt 25 Jahre dem leitenden Feuerwehrgremium in der Gemeinde angehörte.

Nach Freunds Ausscheiden aus dem Amt wird Thomas Petrausch zum 1. April dieses Jahres vom Gemeindevorstand

zum neuen Gemeindebrandinspektor bestellt. Ihm zur Seite stehen die beiden Stellvertreter Armin Schmidt (Nord) und Heimo Müller (Lanzingen). Coronabedingt erfolgt die vorgeschriebene Wahl der neuen Gemeindebrandinspektion erst etwas später. Seit 1. Juli ist das Gremium mit Thomas Petrausch an der Spitze aber auch offiziell im Amt und bis zum 30. Juni 2026 gewählt.

Von seinem Vorgänger Hartmut Freund spricht Thomas Petrausch nur in den höchsten Tönen. Er sei für ihn persönlich ein echtes Vorbild, weil Freund die Biebergemünder Feuerwehr immens geprägt habe: „Ohne ihn wären wir heute nicht so gut aufgestellt. Er ist nach wie vor ein guter und wichtiger Ratgeber für mich“, sagt Thomas Petrausch. Durch die gemeinsame Zeit in der Gemeindebrandinspektion sei er für die neue Verantwortung zwar gut vorbereitet gewesen: „Aber so wirklich lernt man erst, was es bedeutet, in der ersten Reihe zu stehen, wenn man diese Verantwortung selbst trägt. Es prasselt einfach alles auf einen ein, jede Anfrage aus den Wehren, jedes Thema landet erst mal bei mir“, beschreibt Thomas Petrausch die Veränderungen, die das neue Amt für ihn bedeutet.

 

Feuerwehrchef im Ehrenamt: „Das ist für Berufstätige kaum leistbar“

 

Vor allem den hohen Verwaltungsaufwand dürfe man dabei nicht unterschätzen: „Gemeindebrandinspektor zu sein, ist ja trotz allem noch eine ehrenamtliche Tätigkeit. Über kurz oder lang wird das Amt des Gemeindebrandinspektors nicht mehr ehrenamtlich zu leisten sein, weil es gerade für Kameraden, die noch im Beruf stehen, sehr schwierig wird, den hohen zeitlichen Aufwand zu bewältigen“, betont Thomas Petrausch. Ein wichtiges Anliegen ist dem neuen Gemeindebrandinspektor zudem, den Stellenwert der freiwilligen Feuerwehr deutlicher herauszustellen: „Viele Bürgerinnen und Bürger sehen die Feuerwehr nur als eine Art Verein. Das ist sie aber nicht. Die Einsatzabteilung ist Teil der Gemeinde und als öffentlich-rechtliche Feuerwehr eine eigene Abteilung der Gemeinde Biebergemünd, vergleichbar beispielsweise mit dem gemeindlichen Bauhof.“

 

Mit 189 Aktiven in den Einsatzabteilungen sehr gut aufgestellt

 

Mit der derzeitigen Situation der Biebergemünder Feuerwehr ist Thomas Petrausch mehr als zufrieden: „Die Feuerwehr ist sehr gut aufgestellt, die Ausstattung ist top, der Ausbildungsstand hervorragend.“

In den fünf Wehren seien aktuell 189 Frauen und Männer in den Einsatzabteilungen aktiv: „Das ist mehr als ordentlich.“ Die gute Personallage führt auch dazu, dass in Biebergemünd manche Probleme deutlich kleiner sind als in anderen Kommunen. So sei die Tagesalarmsicherheit zwar ein Thema für die Biebergemünder Brandbekämpfer, aber bis heute hätten bei Einsätzen immer genügend Einsatzkräfte zur Verfügung gestanden, sagt Thomas Petrausch.

 

Thomas Petrausch will das „Wir-Gefühl“ in der Feuerwehr stärken

 

In seiner neuen Funktion hat er sich vorgenommen, vor allem den guten Personalstand aufrechtzuerhalten und weiterhin großen Wert auf die Aus- und Fortbildung zu legen: „Gerade bei den Atemschutzgeräteträgern. Das hat für mich höchste Priorität, auch wenn wir in diesem Bereich bisher solide aufgestellt sind. Trotzdem ist da noch Luft nach oben“, meint Petrausch. Außerdem will er mit seinen Kameraden in der Gemeindebrandinspektion sowie den einzelnen Wehren weiterhin für das Ehrenamt Feuerwehr werben: „Unsere Plakataktion in den vergangenen Jahren war schon ein großer Erfolg. Darauf wollen wir weiter aufbauen.“ Zudem will sich Thomas Petrausch dafür einsetzen, ein noch stärkeres Wir-Gefühl in der Feuerwehr zu schaffen: „Wir alle sind die Feuerwehr Biebergemünd. Diese Mentalität noch weiter zu entwickeln, ist ein ganz großes Ziel für mich und meine beiden Stellvertreter in der Gemeindebrandinspektion.“

 

Große Bauprojekte werden in den kommenden Jahren aller Voraussicht nach nicht auf die Biebergemünder Feuerwehr zukommen. Nach der Einweihung und Inbetriebnahme des neuen Gerätehauses in Lanzingen seien die Wehren derzeit

auch baulich hervorragend aufgestellt. Einzige Ausnahme sei der Ortsteil Breitenborn/Lützel, wo bekanntlich über einen Neubau des Dorfgemeinschaftshauses diskutiert wird. Dort soll das alte Dorfgemeinschaftshaus, in dem die Feuerwehr integriert ist, abgerissen werden. „Hier gibt es noch einiges zu tun“, sagt Thomas Petrausch. Gerade bei diesem Projekt würde sich Thomas Petrausch etwas mehr Kommunikation seitens der Gemeinde wünschen.

 

Eine personelle Veränderung wird es zum Jahreswechsel bekanntlich auch an der Rathausspitze geben.

Was er sich vom künftigen Bürgermeister Matthias Schmitt erhofft? Der Gemeindebrandinspektor hat da eine klare Erwartungshaltung: „Ich hoffe, dass es einen noch regelmäßigeren Austausch mit den Gremien gibt, dass man im Gespräch bleibt, auch mit dem Gemeindevorstand.“ Dies sei zwar in der Vergangenheit schon der Fall gewesen, die Kommunikation könne aber noch weiter verbessert werden. Eine Möglichkeit dazu wäre für Thomas Petrausch der Sicherheitsbeirat, der vor einigen Jahren gegründet wurde, dann allerdings etwas eingeschlafen sei. Das Gremium umfasst neben Vertretern der Gemeindepolitik auch die Feuerwehren und soll sich mit allen relevanten Themen der öffentlichen Sicherheit beschäftigen: „Der Sicherheitsbeirat kann sicherlich einen wichtigen Beitrag leisten, damit Politik und Feuerwehr in Zukunft für noch mehr Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Biebergemünd sorgen können.“

 

Im Fall der Fälle: Sirenen in Biebergemünd einsatzbereit

 

Aus Sicht des Feuerwehrchefs ist die Gemeinde aktuell in sicherheitsrelevanten Fragen solide aufgestellt, wozu auch die Feuerwehr ihren Beitrag leiste. So seien in Biebergemünd, anders als in anderen Kommunen, die Sirenen in den vergangenen Jahren nicht abgebaut, sondern teilweise sogar neue errichtet worden. Die Alarmierung der Einsatzkräfte erfolge über digitale Pager, nicht zuletzt bei der Hochwasserkatastrophe in Westdeutschland habe man aber auf tragische Weise lernen müssen, wie wichtig es sei, im Notfall die Bevölkerung auch über Sirenen warnen zu können.

 

Anders als sein Vorgänger Hartmut Freund wird Thomas Petrausch die Biebergemünder Feuerwehr übrigens nicht über Jahrzehnte als Gemeindebrandinspektor prägen können. Schon heute steht fest: Wenn seine Amtszeit Ende Juni 2026 endet, ist für ihn im Alter von dann fast 65 Jahren Schluss: „Das ist die gesetzliche Altersgrenze, dann braucht es wieder einen Nachfolger.“ Bis dahin wird sich Thomas Petrausch mit seinen Kameraden aber nach Kräften darum bemühen, dass sein Nachfolger eine bestmöglich aufgestellte Biebergemünder Feuerwehr übernimmt. So wie er es bei Hartmut Freund erlebt hat.

 

erschienen in der GNZ am 13.11.2021

 

Bild zur Meldung: Thomas Petrausch bringt als neuer Biebergemünder Gemeindebrandinspektor die Erfahrung von fast 40 Jahren als Berufsfeuerwehrmann in Frankfurt mit.